Pressemitteilung
Gutachter: ZMS hat Anspruch auf mehr Müll
Geschäftsgrundlage hat sich laut Verwaltungsjurist Prof. Knemeyer verändert: Verträge sind anpassungspflichtig.
SCHWANDORF. Der Zweckverband
Müllverwertung Schwandorf (ZMS)
hat rechtlichen Anspruch auf eine
Vertragsanpassung mit der Maßgabe,
die technische Verbrennungskapazität
von rund 450 000 Tonnen Abfall
pro Jahr im Müllkraftwerk auch auszuschöpfen.
Zu diesem für manchen
Stadtrat unbequemen Ergebnis kam
Prof. Dr. Franz-Ludwig Knemeyer,
den die Stadt mit einem Gutachten
über die Verbindlichkeit der zwischen
ZMS und Stadt und Landkreis
Schwandorf getroffenen Vereinbarungen
betraut hatte.
Schlusspunkt unter der Debatte
Prof. Knemeyer fasste die Ergebnisse
seiner rechtlichen Würdigung in der
Sitzung des Stadtrats am Montag zusammen
und setzte damit den vorläufigen
Schlusspunkt unter eine fast ein
Jahr andauernde Debatte. Im November
2009 hatte sich herausgestellt,
dass der Müll-Zweckverband in den
letzten Jahren mehr Abfall in
Schwandorf verbrannt hatte als die
vertraglich vereinbarten 390 000 Jahrestonnen.
Während Stadt und Landkreis
Schwandorf eine Zeitspanne
von fünf Jahren zugrunde legten, argumentierte
der ZMS, er habe freie
Verbrennungskontingente aus der
Anfangszeit des Kraftwerks genutzt.
Da sich beide Seiten nicht einigten,
rief man Regierungspräsidentin Brigitta
Brunner als Schlichterin an. Die
sorgte mit ihrem Schlichtungsvorschlag
Ende Juli für eine faustdicke
Überraschung: Brunner bewertete die
vertraglichen Regelungen zwischen
Stadt und Landkreis auf der einen
und dem Müll-Zweckverband auf der
anderen Seite als rechtlich unwirksam.
Sie könnten keine einklagbaren
Rechtswirkungen entfalten, so
ihreWürdigung.
In seinem Gutachten vertritt der
renommierte Verwaltungsrechtler
Prof. Knemeyer rein juristisch eine
andere Auffassung, gelangt aber praktisch
zu ganz ähnlichen Schlussfolgerungen
wie die Regierung. In der zuletzt
2004 vertraglich geregelten Müllmengenbegrenzung
auf 390 000 Jahrestonnen
sieht er eine freiwillige
Selbstbindung des ZMS zulässig insofern,
als die Existenzgrundlage des
Zweckverbands, die Entsorgung der
Abfälle aus dem Verbandsgebiet, dadurch
bislang nicht infrage gestellt
worden sei.
Nicht nichtig, aber anzupassen
Nichtig sind laut Prof. Knemeyer die
Verträge also nicht. Doch sie sind, in
den Worten des Juristen, anpassungspflichtig.
Im Grundlagenvertrag
aus den Jahren 1986/87 und dann
wieder im Planfeststellungsbeschluss
des Jahres 1992 hätten die Vertragspartner
eine Obergrenze von 450 000
Jahrestonnen Müll vereinbart. Bei einer
prognostizierten Abfallmenge
von 350 000 Tonnen galten die verbleibenden
100 000 Tonnen zunächst
als willkommene Reserve.
Doch mit der Erweiterung des Verbandsgebiets
ist laut Prof. Knemeyer
die Geschäftsgrundlage von damals
weggefallen. In den vergangenen Jahren
habe sich das Müllaufkommen
der Verbandsmitglieder auf über
410 000 Tonnen pro Jahr erhöht. Nach
der Schließung der Anlage in Landhut
kämen 2012 noch weitere 35- bis
40 000 Tonnen hinzu. Diese Abfallmenge
von gut 450 000 Jahrestonnen
zu entsorgen, ist der Zweckverband
Prof. Knemeyer zufolge nicht nur in
der Lage, sondern auch verpflichtet.
Stadt und Landkreis Schwandorf
stehen nach Einschätzung des Verwaltungsjuristen
nun in einer kommunalpolitisch
nicht sehr komfortablen
Position. Stadtrat und Kreistag, so
Prof. Knemeyer, hätten keine Alternative,
als die geltenden Verträge im genannten
Sinne anzupassen. Bürgerbegehren
und Bürgerentscheide gegen
entsprechende Beschlüsse seien unzulässig,
da es sich nicht um Fragen mit
einem politischen Ermessensspielraumhandle.
Antrag in den nächsten Wochen
Und wie geht es jetzt weiter? Oberbürgermeister
Helmut Hey geht erst einmal
davon aus, dass der ZMS in den
nächsten Wochen einen Antrag auf
Vertragsanpassung und Erhöhung
der Müllmenge stellen wird. Bisher
sind bei der Stadt noch keine Unterlagen
eingegangen.